Nachhaltigkeit


ESMA-Leitlinien zu (ESG-)Fondsnamen – Neue BaFin-Verwaltungspraxis: Hintergrund, Inhalt, praktische Auswirkungen

Von Frank Müller am 26. Juli, 2024

Veröffentlicht In BaFin, ELTIF, ESG, Nachhaltigkeit

Mit Meldung vom 25. Juli 2024 hat die BaFin mitgeteilt, dass sie die Leitlinien für Fondsnamen der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) in Ihrer Verwaltungspraxis berücksichtigen wird. Diese werden die bisherige BaFin-Verwaltungspraxis zu nachhaltigen Investmentvermögen vollständig ablösen. Nachfolgend geben wir Ihnen daher einen Überblick über den Hintergrund, die Inhalte und die praktischen Konsequenzen der Leitlinien für Fondsnamen und der neuen Verwaltungspraxis der BaFin.

1. Hintergrund

Unter dem 14. Mai 2024 hat die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) ihren finalen Report zu Investmentfonds, welche in ihrem Namen Begriffe wie „Umwelt (Environment)“, „Soziales (Social)“, „gute Unternehmensführung (Governance)“ oder andere nachhaltigkeitsbezogene Begriffe verwenden, veröffentlicht. Hintergrund war die in den letzten Jahren erheblich gestiegene Nachfrage nach „nachhaltigen“ Investmentfonds und die damit einhergehende Befürchtung von Grünwäscherei (Greenwashing), welche insbesondere dann drohen könne, falls Fonds ESG-Bezeichnungen im Namen enthalten, deren Anlagestrategie dies nicht rechtfertigen. Bereits im Oktober 2022 hatte die ESMA hierzu eine entsprechende Konsultation veröffentlicht, welche im Februar 2023 abgeschlossen war. Zudem enthalten die Neufassungen der AIFM- und OGAW-Richtlinien einen Auftrag an die ESMA, Leitlinien zu erlassen, wann Fondsnamen unklar, unfair oder irreführend sind.

Die BaFin hat nunmehr mit Meldung vom 25. Juli 2024 mitgeteilt, dass sie die Leitlinien für Fondsnamen der ESMA in Ihrer Verwaltungspraxis berücksichtigen wird. Diese werden die bisherige BaFin-Verwaltungspraxis zu nachhaltigen Investmentvermögen vollständig ablösen. Bereits vor zwei Jahren hatte die BaFin eine Verwaltungspraxis zur Nutzung von Nachhaltigkeitsbegriffen im Namen von deutschen Publikumsfonds festgelegt. Die ESMA-Leitlinien richten sich nun an alle in der EU regulierten bzw. vertriebenen Fonds, also auch an Spezialfonds, die nur von professionellen Anlegern erworben werden können.

2. Inhalt

Kapitalverwaltungsgesellschaften müssen sicherstellen, dass die Informationen zu ihren Produkten korrekt, redlich und klar sind und keine irreführende oder verwirrende Botschaft vermitteln, die die Anleger fälschlicherweise beeinflussen würde. Die ESMA-Leitlinien unterscheiden daher zunächst drei Begriffsgruppen:

  • Transition-, sozial- oder Governance-verwandte Begriffe,
  • Umwelt- oder Impact-verwandte Begriffe,
  • Nachhaltigkeits-verwandte Begriffe.

Alle Investmentfonds, welche die vorstehenden Begriffe in ihren Bezeichnungen führen (zB „impact“, „nachhaltig“, „green“, „ESG“, „social equality“, „net-zero“, etc.) müssen mindestens zu 80% des Fondsvermögens in Übereinstimmung mit den verbindlichen nachhaltigen Elementen der Anlagestrategie bzw. den namensgebenden Merkmalen investiert werden.

Zudem müssen – je nach Begrifflichkeit im Fondsnamen – bestimmte Mindestausschlüsse nach der sog. „Climate Transition Benchmark“ (CTB) oder nach der sog. „Paris Aligned Benchmark“ (PAB) eingehalten werden. Bei Impact-, Nachhaltigkeits- oder transitionsbezogenen Fonds(-namen) muss schließlich eine messbare ökologische oder soziale Wirkung („Impact“), eine nachhaltige Investition iSd Art. 2 (17) der Offenlegungsverordnung („Nachhaltigkeit“), oder ein messbarer Pfad zu ökologischem oder sozialem Übergang („Transition“) vorhanden sein.

3. Praktische Auswirkungen / Handlungsbedarf

Die ESMA-Leitlinien sind nach ihrem Wortlaut drei Monate nach ihrer Veröffentlichung im EU-Amtsblatt anwendbar. Diese steht derzeit noch aus. Für neu aufzulegende Fonds sollen die Leitlinien dann unmittelbar gelten, für bereits bestehende Fonds soll eine sechsmonatige Übergangsfrist gelten. Für nicht mehr im Vertrieb befindliche (Alt-)Fonds ist keine Ausnahme hiervon vorgesehen.

Für die Bearbeitung aller neu eingehenden Anträge berücksichtigt die BaFin ab sofort jedoch nur noch die Vorgaben der ESMA-Leitlinien. Dies bedeutet, dass allein das Vorhandensein von Nachhaltigkeitsbegriffen im Fondsnamen eine Prüfung der Anlagebedingungen auf Erfüllung der vorstehenden Anforderungen begründet. Die Frage, ob ein Fonds als „explizit nachhaltig“ vertrieben wird und als „Art. 8“ oder „Art. 9“-Fonds qualifiziert, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.

Selbst neu aufzulegende „Art. 6“-Fonds müssten demnach die vorstehenden Vorgaben nach ihren Anlagebedingungen einhalten, wenn sie eine der genannten Bezeichnungen im Fondsnamen tragen. Gleiches gilt für neu aufzulegende „Art. 8“- oder „Art. 9“-Fonds. Diese müssen zusätzlich – wie bisher – die ESG-Formular-Anhänge zu ökologischen und/oder sozialen Merkmalen bzw. zu nachhaltigen Investitionszielen als Anhang zum Prospekt enthalten.

Bei Bestandsfonds gelten die vorstehenden Anforderungen erst neun Monate nach der Veröffentlichung der Leitlinien in allen offiziellen EU-Landessprachen auf der Internetseite der ESMA. Liegt eine Bezeichnung im Fondsnamen vor, die unter die ESMA-Leitlinien fällt, muss dann entweder der Name des Fonds geändert werden, oder aber die Anlagebedingungen müssen gemäß den vorstehenden Kriterien angepasst werden. Die BaFin betrachtet eine Anpassung der Anlagebedingungen in der Regel aber weder als eine Änderung der Anlagegrundsätze noch als eine anlegerbenachteiligende Änderung wesentlicher Anlegerrechte i. S. § 163 Abs. 3 und 4 KAGB. Dies gilt insbesondere, wenn die Anlagebedingungen bereits den Anforderungen der bisherigen BaFin-Verwaltungspraxis zu nachhaltigen Investmentvermögen entsprechen. Ebenso gilt dies, wenn die Angaben im vorvertraglichen ESG -Anhang zum Verkaufsprospekt von Fonds, die ihre Nachhaltigkeitsmerkmale nach Artikel 8 oder Artikel 9 der EU-Offenlegungsverordnung offenlegen, bereits Mindestzusagen und Ausschlusskriterien als verbindliche Merkmale der ESG-Strategie enthalten, die mit den Ausschlüssen der ESMA-Leitlinien vergleichbar sind.

4. Fazit

Die ESMA-Leitlinien und deren Anwendung durch die BaFin bringen für Fondsinitiatoren und -verwalter Handlungsbedarf, sofern ESG- oder nachhaltigkeitsbezogene Begriffe im Fondsnamen verwendet werden (sollen). Die gilt sowohl für neu aufzulegende Produkte, als auch für Bestandsfonds. Trotz der einheitlichen und neu eingeführten Schwelle von mindestens 80% des Fondsvermögens, welches entsprechend der namensgebenden Merkmale investiert werden muss, bleiben Auslegungsfragen offen, die in der Praxis erst noch geklärt werden müssen. Sprechen Sie uns bei Fragen hierzu gerne jederzeit an.

Weitere Informationen finden Sie in der Aufnahme unserer Funds Academy Veranstaltung (Februar 2024).


Europäische Aufsichtsbehörden (ESAs) legen gemeinsames Verständnis von Greenwashing vor und weisen auf Risiken hin

Von Renate Prinz am 04. Juli, 2023

Veröffentlicht In Deutschland, ESG, Nachhaltigkeit, Nachhaltigkeitsrisiken

Die Europäischen Aufsichtsbehörden haben am 1. Juni ihre Fortschrittsberichte über Greenwashing veröffentlicht. Die Berichte enthalten ein gemeinsames Verständnis von Greenwashing und helfen so, Marktteilnehmern und Regulierungsbehörden einen gemeinsamen Bezugspunkt im Umgang mit diesem Phänomen zu geben.

In dem Bericht bewertet die ESMA, welche Bereiche der Wertschöpfungskette für nachhaltige Investitionen (SIVC) dem Risiko des Greenwashings stärker ausgesetzt sind. Diese Bewertung soll den Marktteilnehmern dabei helfen, Greenwashing zu verhindern und abzuschwächen, und die ESMA und die nationalen Aufsichtsbehörden bei der Festlegung von Prioritäten für Aufsichtsmaßnahmen und regulatorische Eingriffe unterstützen. Die Ergebnisse zeigen, dass sich irreführende Behauptungen auf alle Schlüsselaspekte des Nachhaltigkeitsprofils eines Produkts oder eines Unternehmens beziehen können – von Governance-Aspekten bis hin zu Nachhaltigkeitsstrategien, -zielen und -kennzahlen oder Behauptungen über Auswirkungen. Der Bericht enthält auch sektorspezifische Bewertungen für Schlüsselsektoren, die in den Zuständigkeitsbereich der ESMA fallen, wie Emittenten, Investmentmanager, Benchmark-Administratoren und Anbieter von Wertpapierdienstleistungen.

Der endgültige Greenwashing-Bericht der ESA wird voraussichtlich im Mai 2024 veröffentlicht.

Klicken Sie hier für weitere Informationen. (Englisch)


Nachhaltigkeitsrisiken & Co. in der 7. MaRisk-Novelle

Von Annabelle Rau am 14. Oktober, 2022

Veröffentlicht In Bankaufsichtsrecht, Nachhaltigkeit

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht („BaFin“) hat am 26. September 2022 einen novellierten Entwurf ihres Rundschreibens „Mindestanforderungen an das Risikomanagement“ („MaRisk“) veröffentlicht, welcher nun zur Konsultation steht.

Die MaRisk kodifizieren die Verwaltungspraxis der BaFin zum Risikomanagement für deutsche Banken insbesondere in punkto Geschäftsorganisation und Auslagerungen (Outsourcing) und konkretisieren dabei die gesetzlichen Anforderungen des § 25a KWG.

Der Entwurf der 7. MaRisk-Novelle umfasst unter anderem:

  • die Umsetzung der Leitlinien der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde („EBA“) für die Kreditvergabe und Überwachung;
  • spezifische Anforderungen an Immobiliengeschäfte von Banken;
  • grundlegende Regeln, die Kreditinstitute bei der Verwendung von Risikomodellen einzuhalten haben;
  • Anforderungen an das Management von Nachhaltigkeitsrisiken.

Erstmals explizite Vorgaben für Banken zur Behandlung von Nachhaltigkeitsrisiken

Die BaFin hatte den Banken bereits mit ihrem Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken eine Orientierungshilfe zum Management von Nachhaltigkeitsrisiken gegeben. Sie definiert den Begriff „Nachhaltigkeit“ dabei im Sinne von „ESG“ (Environmental, Social and Governance – Umwelt, Soziales und Unternehmensführung). Die Orientierungshilfe diente allerdings noch als Zusammenfassung unverbindlicher „good practice“-Ansätze. Durch die Überführung dieser Ansätze in die MaRisk können sie zukünftig Teil der Überprüfung durch die BaFin werden.

Damit werden Kreditinstitute einen ihrem Geschäftsmodell und Risikoprofil angemessenen Ansatz im Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken entwickeln müssen. Dies umfasst eine Anpassung der bisherigen Prozesse und die Entwicklung neuer Mess-, Steuerungs- und Risikominderungsinstrumente für Nachhaltigkeitsrisiken.

Im Sinne des Proportionalitätsgrundsatzes der MaRisk können bei einem schwacher ausgeprägten Risikoprofil auch einfachere Strukturen, Prozesse und Methoden genügen. Je erheblicher die Nachhaltigkeitsrisiken jedoch für ein Kreditinstitut sind, desto aufwändiger müssen auch die Instrumente sein.

Die Banken sollen zudem die Auswirkungen von ESG-Risiken in den Risikoklassifizierungsverfahren berücksichtigen. Solange sich dies als noch nicht praktikabel erweise, können laut BaFin aber auch separate ESG-Scores bei der Bewertung der Bonität und der Kreditwürdigkeitsprüfung herangezogen werden.

Die Konsultation läuft noch bis zum 28. Oktober 2022. Stellungnahmen nehmen die BaFin und die Deutsche Bundesbank per E-Mail an konsultation-06-22@bafin.de und B32_MaRisk@bundesbank.de mit dem Betreff „Konsultation 6/2022“ entgegen. Die neue Fassung der MaRisk wird dann das aktuell gültige Rundschreiben 10/2021 ablösen.